Winterfreuden

Der blank geputzte Kessel pfiff misstönend auf dem Herd im Zwergenhaus und stahl sich in Zwitschis Träume. Verärgert öffnete der kleine Vogel seine schweren Lider einen Spalt breit und blinzelte verschlafen. Da begann auch Puh zu pfeifen. Zwitschi konnte es kaum glauben, aber der Wichtel übertraf den Wasserkessel noch in seiner Auswahl an missklingenden Tonfolgen. In seiner Not versuchte der Vogel sein Köpfchen unter den Flügeln zu verbergen, aber als Puh dann noch lautstark mit der Teedose und dem Geschirr klapperte, war es vorbei mit Zwitschis morgendlicher Ruhe. Wie konnte dieser Wichtel denn schon um diese frühe Stunde so unverschämt munter sein. Der kleine blaue Vogel schwang sich aus dem Körbchen und trippelte in die Küche hinüber.

"Guten Morgen, du Langschläfer!", begrüßte ihn Puh. "Wieso Langschläfer?", beschwerte sich Zwitschi nach einem kritischen Blick auf die Kuckucksuhr, die gerade einmal zehn Minuten nach Acht anzeigte. "Und dabei heißt es doch so schön: Der frühe Vogel fängt den Wurm!", schmunzelte der Wichtel. "Ach Puh", seufzte Zwitschi nachsichtig und sah ihn schräg von der Seite an. was diese Zwerge doch immer für merkwürdige Ideen von einem geordneten Vogelleben hatten. Für Zwitschi war es nun wirklich kein Problem, wenn er den frühen Wurm nicht kriegte. Später am Tag gab es noch genug von diesen kleinen kriechenden Leckerbissen. Und wenn nicht? Wozu gab es denn die Zwergenküche mit all ihren köstlichen Nüssen und Trockenfrüchten? Zwitschi zog die Stirn kraus und erwiderte schließlich: "Wegen der Futtersuche komme ich ganz bestimmt nicht zeitiger unter meiner warmen Zudecke hervor. Das ist nun wirklich nicht nötig. In deinen Schränken gibt es schließlich genügend Vorräte für mich, wenn ich nichts erbeuten kann oder will oder wie auch immer.. Und dieses schreckliche Schmuddelwetter da draußen lockt mich schon gar nicht!" "Schmuddelwetter würde ich es nicht nennen. Sieh mal hinaus. Alles ist herrlich weiß", strahlte Puh und platzierte vier goldbraun gebackene Waffeln auf einem vorgewärmten Teller. Während der Zwerg erneut Teig in das Waffeleisen füllte, warf Zwitschi einen Blick in den Garten. Tatsächlich - alles weiß. "Nun geht das wieder Los", jammerte der Vogel, "zittern, frieren, Schnabelklappern, beim Landen ausrutschen, sich an viel zu langen Eiszapfen den Kopf stoßen, von Schneehäufchen bedeckt werden, die von den Zweigen der Bäume auf einen herabstürzen ..." "Miesmacher lachte Puh und hob Bananenscheiben unter einen Joghurt. "Wieso nur? Wieso?", fragte Zwitschi anklagend und beäugte missmutig den Flockenwirbel vor dem Fenster, "wieso muss es denn unbedingt schneien?" "Das ist leicht zu beantworten. Wir haben Winter. Schau mal auf den Kalender." Zwitschi erfüllte dem Wichtel diesen kleinen Wunsch. "Januar", murmelte er, "verflixt und zugefedert! Ja und sicherlich schneit es nur, weil auf diesem dummen Kalenderbild hier ein Schneemann und ein Schlitten drauf sind! Und was ist das hier? Ein Vierzeiler:

Puderzucker rieselt auf die Spitzen der hohen Bäume
Wahr werden die schönsten Winterträume
Klar und frisch ist die Kühle Winterluft
Erfüllt von Fichten und von Tannenduft

Kein Wunder, wenn der Schnee von diesem Dichter so sehr herbeigesehnt wird muss er sich ja mal blicken lassen," Zwitschi drehte dem Kalender erbost seine Hinteransicht zu und flog zu Puh hinüber, der die frisch gebackenen Waffeln mit Puderzucker bestäubte. "Das ist mein Lieblingsschnee", freute er sich und setzte sich erwartungsfroh an den gedeckten Küchentisch.

Als sie gemeinsam gegessen und Ordnung geschafft hatten, zog es den Wichtel hinaus in den Schnee. "Kommst du mit?", fragte er seinen gefiederten Mitbewohner. "Wo denkst du hin", erwiderte der entrüstet, "keinen Flügelschlag tu ich da draußen in dieser Kälte. Aber wenn du so lieb sein würdest und mir ein Blatt Papier und die Buntstifte bringen würdest, geb' ich mich zufrieden und erfreue mich an der Wärme deines Kamins." "Aber nur, wenn sich dein künstlerisches Schaffen ausschließlich auf das Papier beschränkt", lachte Puh und holte Zwitschi die Malutensilien. Der kleine Vogel versprach es und beschloss, eine große Frühlingswiese mit Veilchen und Butterblumen, Himmelschlüsseln und Löwenzahn zu zeichnen. Puh schlüpfte unterdessen in einen orangefarbenen Skianzug, zog Handschuhe, Schal und Fellstiefel an, ebenfalls in orange und rundete sein Outfit mit einer quietschgelben Pudelmütze ab. "Und du willst wirklich nicht mit rauskommen?", hakte er noch einmal nach. Zwitschi wandte sich seinem Freund zu und kniff, geblendet von den grellen Farben, die Augen zusammen. Diese Wichtel hatten einen ganz außergewöhnlichen Geschmack. Aber solange seine Federn in himmelblau erstrahlten, war Zwitschi alles egal. Dann warf der kleine Vogel das Köpfchen unwirsch von einer Seite auf die andere. "Ich dachte ja nur, wer weiß, wie lange wir noch diesen herrlichen Winter genießen können", sagte Puh. "Genieß ihn einfach für mich mit", brummelte der kleine Vogel und schnappte sich den gelben Buntstift. Zuerst musste unbedingt eine schöne große Sonne auf das Blatt.

Als Puh zur Tür hinausstürmte, hätte er beinahe seinen Koboldfreund Wuschel umgerannt, der seine Hand gerade nach der Türglocke ausgestreckt hatte. "Huch!", rief Wuschel erschrocken und wich ein paar Schritte zurück, "hast du es aber eilig." "Klar", lachte Puh, "ich wollte soeben in dieses herrlich weiß verzuckerte Winterwunderland eintauchen." "Prima, das trifft sich gut. Denn ich wollte dich gerade zum Rodeln abholen", sagte der kleine Kobold, der einen neongrünen Skianzug trug und eine rostrote Pudelmütze, "hier, sieh mal mein neuer Schlitten. Darauf ist Platz für uns beide." Puh strahlte übers ganze Gesicht und dann stiefelten die beiden los, den Schlitten hinter sich herziehend. "He, huh, hallo, wartet mal", rief Willy Kauz von seiner Kastanie herunter, der durch das laute Getöse im Zwergengarten erwacht war, "bei euch klingt es nach Spaß, nehmt ihr mich mit?" Die beiden Wichtel hielten an. "Komm runter und fliege hinter uns her zum Rodelberg", lud ihn Puh ein. "Fliegen? Da weiß ich was Besseres", sagte Willy und blinzelte verschlagen. Und mit diesen Worten ließ er sich auf dem Schlitten nieder. "Eine Schlittenfahrt durch unseren Zauberwald ist ganz nach meinem Geschmack", frohlockte er. "Sollen wir uns nun auch noch ein paar Glöckchen umhängen und für dich wiehern", lachte Wuschel. "Nicht nötig", meinte der Kauz, "das Bimmeln und Wiehern stört bloß meine winterliche Ruhe." Und damit schloss er die Augen und meldete sich ab. "Wie will der Spaß haben, wenn er schläft?", fragte Wuschel. "Das ist Willys Geheimnis. Ich bin auch noch nicht dahintergekommen, wie er es anstellt. Aber es funktioniert", schmunzelte Puh. Und Wuschel nickte beifällig, als auch er das "Schneeflöckchen Weißröckchen" vernahm, das der Kauz anscheinend im Schlaf sang. Die beiden Wichtel zogen den Schlitten rasch durch den herrlich verschneiten Zauberwald und freuten sich an dem Schnee, der unter ihren Stiefeln knirschte und an dem Tanz der weißen Flocken. Und während Willy von ein paar Schnarchlauten rhythmisch unterstützt "Schneemann bau'n und Schneeballschlacht" anstimmte, erreichten sie den Waldsee.

Auf dem Waldsee schlitterten die Eule Agathe, die Krähe Gundula, die beiden weißen Tauben Guri und Guru und Paul Kauz. Sie vollführten die tollsten Pirouetten und setzten elegante kleine Schritte. Fröhlich begrüßten sie den Schlittenzug. Willy klappte beide Augen auf, sah das bunte Treiben auf dem Eis und flog zu seinen Vogelfreunden hinüber. Urplötzlich war er hellwach. Überschwänglich umarmte er Paul Kauz, der ins Rutschen geriet, und samt Willy rücklings auf der Eisbahn landete. Die Krähe Gundula sah währenddessen sehnsüchtig zu Puh hinüber. Wo der Zwerg war, konnte Zwitschi doch nicht weit sein. Aber nicht eine blaue Feder konnte sie entdecken. Sollte sie es tatsächlich wagen und sich nach dem kleinen Vogel erkundigen? "Wo ist Zwitschi", fragte sie schließlich nach kurzem Zögern. "Der wartet auf den Frühling", sagte Puh, "aber wenn er gewusst hätte, dass du hier auf dem Eis tanzt, hätte er sich durch den größten Schneesturm gekämpft. Da bin ich sicher." Die Krähe wandte sich verlegen ab. "Komm zu uns Gundi, wir studieren den Waldseewalzer ein", forderte sie die Eule Agathe auf, "die Schrittfolge habe ich soeben mit Willy ausgetüftelt." Und die Krähe gesellte sich vergnügt krächzend zu ihnen. Sie liebte es zu tanzen.

Da hörte Puh rechts von sich, bei der Tannenschonung, ein lautes Keifen. "Wo ist die Möhre zum Hasenohr noch mal!" "Welche Möhre?", fragte Schnuffi, der kleine Hase, unschuldig. "Die, die du von zu Hause mitnehmen solltest", erinnerten ihn seine beiden Brüder Spitznäschen und Langöhrchen lautstark. "Ach die, na ja, wo soll sie schon sein, die hab' ich, wartet mal, ich fürchte, dass, genau! Jetzt fällt es mir gerade wieder ein! Ich, ich hab sie vergessen", versuchte es Schnuffi. "Vergessen, du meinst gegessen", brüllte Spitznäschen. "Nicht gegessen, vergessen hab ich sie", verbesserte ihn Schnuffi und versuchte dabei noch unschuldiger auszusehen. "Ich hab' genau gesehen, dass du eine Möhre aus der Küche geholt hast", sagte Langöhrchen. Schnuffi war ertappt worden. Da half nur noch eins, die Mitleidstour: "Na ja, es war ja anstrengend genug diesen Schneemann hier zu bauen und ihr habt auch noch gewollt, dass ich den Kopf auf diesen kalten Kerl hieve. Da hab' ich mir doch den kleinen Imbiss nun wirklich verdient, auch wenn er sehr kärglich war", verteidigte er sich und warf einen kleinen Schneeball nach Langörchens Schwänzchen. Und schon war die schönste Schneeballschlacht im Gange. "Dürfen wir auch mitmachen?", erkundigten sich Wuschel und Puh und schon trafen sie die ersten Schneebälle. "Also gut, wir sind eingeladen", freute sich Puh und dann tobten sie alle fünf herum. Nach einer weile sagte Langöhrchen: "Was soll nun mit dem Schneemann werden, ein Schneemann ohne Mohrrübennase ist kein echter Schneemann!" "Hol mit Spitznäschen einfach eine neue Möhre und seht zu, dass sie unangeknabbert hier eintrifft", empfahl Wuschel und meinte nach einem prüfenden Blick: "der arme Kerl hat ja auch keine Augen und keinen Mund." "Dafür wird bereits gesorgt", erklärte Schnuffi und im selben Augenblick kam Hüpf angehetzt. Das Eichhörnchen trug ein Körbchen voll Haselnüsse. "Jetzt bekommt unser Schneemann Augen und Mund. Wo ist die Nase?", fragte Hüpf. "Das ist eine längere Geschichte", murmelte Schnuffi. "Von einer kurzen Mahlzeit?", fragte Hüpf und der ertappte Hase legte verblüfft die Ohren nach hinten. Wie hatte das Eichhörnchen das bloß so schnell herausgefunden. Puh und Wuschel steckten mit den Haselnüssen Mund und Augen in das Gesicht des Schneemannes. Und als Langöhrchen und Spitznäschen die Möhre herbeibrachten, an der angeblich keine Spitze gewachsen war, sah der weiße kalte Kerl schon viel schöner aus. "Fehlt noch der Besen", meinte Puh. Und da kamen die Maulwurfkinder und der Igel Stachelchen herbei. Sie zogen einen grünen Tannenzweig hinter sich her. "Besenlieferung", keuchte Stachelchen außer Atem. Wuschel steckte dem Schneemann das Reisig in die Hand und betrachtete ihn noch einmal eingehend: "Wo ist der Henkeltopf? Der Schneemann braucht einen Hut, damit er am Kopf nicht so friert." Und wie er das sagte, hörten sie es im Gebüsch rascheln und Fuchs Listig schlich heran, einen Henkeltopf im Fuchsmaul. "Danke Listig", freuten sich die Hasen und setzten ihn dem neuen Waldbewohner stolz auf.

Nun liefen sie alle zum Waldsee hinüber, denn die Krähe Gundula hatte verkündet, dass der Waldseewalzer einstudiert sei. Die Vorstellung begann. "Bleib im Takt", rügte Guri ihren Taubenfreund Guru. "Pass lieber auf dich auf", gab der zurück. "Das hab ich ja wohl nicht nötig, ich sprühe geradezu vor Eleganz und Anmut", erklärte die Taube und sah voller Hochmut in die Wintersonne, während sie einen grazilen Kreisbogen zog. Da schlitterte sie in Paul Kauz. "Pass doch auf du verkannte Primaballerina", beschwerte sich der Kauz und sah prüfend auf sein Hinterteil, nachdem er sich mühsam aufgerappelt hatte. Guri senkte beschämt das Köpfchen. Irgendwie war sie am Ende immer die Dumme, wenn sie Guru tadelte. Vielleicht sollte sie das künftig lieber bleiben lassen? Aber es machte ihr nun einmal Spaß den Täuberich zurechtzuweisen. Na gut, wer austeilte, musste auch einstecken können. Und als sie so überlegte und auf einem Bein über das Eis tänzelte, bemerkte sie nicht, dass ... "Vorsicht Gegenverkehr!", rief Agathe erschrocken. Guri versuchte noch einen Bremsschwung einzulegen, doch es war vergebens. Die Taube prallte gegen die Eule, die Guris Schwung nichts entgegenzusetzen hatte. Agathe wurde gegen Willy geschleudert, der Paul mitriss und so schlitterte ein Vogelknäuel, das jetzt vollkommen aus dem Takt geraten war, über die Eisfläche. Gundula und Guru hatten sich herausgehalten und schwebten nun über den Vieren. "Meine Damen und Herren", verkündete Guru, "sehen Sie hier die rasende Guri, die Sie mit ihrem anmutigen Aufprallschwung verzaubert." "Ha, ha,", entfuhr es dem Taubenmädchen freudlos. "Ach komm schon", zeigte sich Guru versöhnlich und half ihr galant auf die Füße, "ich lade dich auf ein paar frische Vanillekipferl ein, die mir Luzie, das hübsche Wichtelfräulein, gestern Abend noch vorbeigebracht hat." "Das ist ja wohl das mindeste", sagte Guri und sie flogen davon. "Das muss wahre Liebe sein", lächelte Puh und Wuschel brummte neben ihm, "wenn du meinst."

Die Rufe ihrer Eltern lockten Stachelchen, die Hasenkinder, Fuchs Listig und die Maulwürfe nach Hause. Und Hüpf trollte sich mit den Hasen. Er war bei ihnen zum Mittagessen eingeladen. "Weißt du, dass wir noch gar nicht meinen wundervollen neuen Schlitten ausprobiert haben", fiel Wuschel plötzlich ein. Puh nickte: "Also auf zum Rodelberg." Und so erklommen sie einen kleinen Hügel. "Volle Fahrt voraus", posaunte Wuschel in voller Lautstärke und Puh zuckte erschrocken zusammen. Dann schossen sie los. Sie wurden schneller und schneller und plötzlich sahen sie das Verhängnis auf sich zurasen: "Wuschel lenk nach links oder rechts, ganz egal! Geradeaus steht jedenfalls der Schneemann!", schrie Puh. "Wie denn?", brüllte Wuschel und versuchte verzweifelt beide Füße in den Schnee zu stemmen. Vielleicht konnte er den Schlitten wenigstens anhalten. "Hilf doch mit puh, ich schaff es nicht allein." Nun streiften auch Puhs Füße durch den Schnee. Die Fahrt verlangsamte sich ein wenig, aber ... "Neiiin!", schrie Wuschel entsetzt auf und dann krachten sie auch schon mitten in den Schneemann. Der weiße kalte Zauberwaldbewohner fiel in sich zusammen. "Sag mal", fragte Puh, wie kommst du überhaupt zu diesem neuen tollen Schlitten?" "Ach den, den haben mir meine Hausgespenster Gruseli und Spuki angefertigt." "Und dir gibt nicht zu denken, dass sie sich hier nicht blicken lassen?" "Jetzt wo du's sagst", sinnierte Wuschel und strich sich mit dem Finger über seine rote Nase. "Ich fürchte, wir müssen unserem kalten neuen Waldbewohner wieder auf die Beine helfen", sagte Puh und suchte in dem, was einmal ein prächtiger Schneemann gewesen war, nach den Haselnüssen und der Möhre. Wuschel hatte inzwischen Henkeltopf und Reisig beiseite getan und Puh konnte Möhre und Nüsse nun im Topf verstauen. Und dann formten die beiden Wichtel drei neue schöne Kugeln und bald schon sah Herr Schneemann wieder so prachtvoll aus wie zuvor.

Verschwitzt, durchnässt aber glücklich betrat Puh am späten Nachmittag das Zwergenhaus. Er schlüpfte schnell aus seinen nassen Sachen und hängte sie zum Trocknen auf. Dann schnappte er sich eine Banane, zwei Äpfel und sieben Clementinen und ließ es sich schmecken. "Husch, weg, du Stubenhocker", gluckste der Zwerg belustigt und sah Zwitschi herausfordernd an, der vor ihm auf dem Tisch hockte und nach einem Clementinenschnitz spechtete, "das ist alles für mich. Nachdem ich die Winterfreuden so ausgekostet habe, kann ich jede einzelne Kalorie gut brauchen." Zwitschi sah ihn traurig an. Da konnte Puh nicht widerstehen: "Also gut, bedien dich, kleiner Künstler, schließlich war dein Schnabel mit den Stiften auch den ganzen Tag unterwegs." Dann stand der Zwerg auf und betrachtete voller Staunen Zwitschis Gemälde. "Das ist ja wunderschön", lobte er den kleinen blauen Vogel und bewunderte die Farbenpracht. Die Wiese war grün und saftig, auf ihr standen unzählige violette Veilchen und gelbe Himmelschlüssel. Mittendrin hatte Zwitschi rote Tulpen und weiße Schneeglöckchen sprießen lassen. Über der Wiese spannte sich ein strahlend blauer Himmel, an dem eine große Gelbe Sonne stand. Und auch die Zitronenfalter und Marienkäfer fehlten nicht auf dem Bild des kleinen gefiederten Künstlers. "Darf ich das in meiner Stube aufhängen?", erkundigte sich der Wichtel und die Begeisterung blitzte in seinen Augen auf. "Ja bitte", freute sich Zwitschi, "bei meiner Frühlingswiese wird mir gleich warm ums Herz." "Das wäre es dir draußen auch geworden. Gundula ist auf dem Waldsee herumgeschlittert." "Gundula?", fragte Zwitschi aufgeregt und wippte mit den Flügeln. Puh nickte: "Ich weiß, ich weiß, wenn du es geahnt hättest ..." "wäre ich trotzdem nicht mitgekommen. So sehr kann mich die Liebe nicht erwärmen, wie mir da draußen kalt ist." "Du bist eben wahrlich kein Eisvogel", stellte Puh fest und vergrub seine Nase in der Zeitung.

Am nächsten Tag, als Puh die Tür aufklinken wollte, hatte der Wind eine Schneewehe davor aufgetürmt, die ihm bis zum Gürtel reichte. Entsetzt schmiss er die Tür wieder ins Schloss und brummelte: "Verflixt und zugewichtelt noch mal." Zwitschi hatte ihn beobachtet: "Das sind die wahren Winterfreuden, raus mit dir an die frische Luft, mein kleines Eisvöglein", spottete er, "du solltest sie genießen, solange wir noch so schönen Schnee haben." Puh zog die Schultern hoch, sprang durchs Küchenfenster und lief zum Schuppen hinüber um eine Schneeschippe zu holen. "Winterfreuden", hörte man ihn ein ums andere Mal Keuchen, als er sich einen Weg durch die Schneewehe zu seiner Haustür bahnte.