Das Wichtelfest

„Zwitschi? Was machst du denn hier draußen, wenn Puh drinnen in der Zwergenküche mit dem Geschirr klappert?“, fragte Pünktchen neugierig. „Um dir das zu erklären, brauche ich nur ein einziges Wort“, sagte Zwitschi, „Bohnensuppe.“ Und damit machte er sich über eine braune Nacktschnecke zwischen Puhs Kohlrabi her. „Igitt, bei Bohnensuppe ergreifst du die Flucht und diesen schleimigen braunen Happen nimmst du zu dir“, das Reh war verblüfft. „Denk bloß nicht, dass sich zwischen deinen ach so gesunden Salatblättern kein Exemplar dieser Gattung aufhalten kann“, meinte der kleine blaue Vogel schmatzend. Das Reh erschrak. Konnte es tatsächlich sein, dass es schon die ein oder andere Nacktschnecke vertilgt hatte? Da wurde seine Aufmerksamkeit auf die Kastanie gelenkt. Willy saß auf einem Ast und schüttelte sein Kopfkissen auf. Federn regneten zu Boden: „Ich hab’s ja schon geahnt, als Puh mir eins gezaubert hat, aber nun weiß ich es ganz genau: Neue Kopfkissen sind doof“, fluchte der Kauz und warf die leere Hülle den Federn hinterher. Pünktchen wich einen Schritt zur Seite. „Prima!“, freute sich Zwitschi. „Was soll an meinem zerfledderten doofen Kissen denn prima sein“, erkundigte sich Willy und sah ziemlich verwirrt aus. „Ganz einfach, unser lieber Puh ist für ein Weilchen beschäftigt, und wir können uns jetzt still und heimlich den Vorbereitungen für das morgige Wichtelfest widmen“, erklärte ihm der kleine blaue Vogel. „Stimmt, dank Willys doofen neuen Kopfkissen hat er plötzlich so viel zu tun, dass er nicht einmal auf den Gedanken kommen wird, uns nachzuspionieren“, lachte Pünktchen. „Puh, kommst du mal bitte in den Garten, mein neues Kopfkissen zeigt erste Auflösungserscheinungen!“, rief der Kauz. Die Tür quietschte in den Angeln und Puh kam herbei. „Oje“, seufzte er, als er den Federhaufen und den leeren Kissenbezug erblickte, „das dauert bestimmt eine Stunde, bis ich das wieder in Ordnung gebracht habe.“ Ein leichter Windhauch fuhr durch den Federhaufen. „Ich meine, ein paar Stunden“, korrigierte sich Puh.

Pünktchen, Willy und Zwitschi war das recht. Sie machten sich schleunigst auf den Weg zur Waldlichtung. Dort hatten sich die Hasenfamilie, der Igel Stachelchen, Fuchs Listig, das Reh Punktinchen, die Eule Agathe, die Krähe Gundula, Familie Maulwurf, Paul Kauz und Eichhörnchen Hüpf schon eingefunden. Nur die Tauben Guri und Guru fehlten. Die beiden waren unterwegs zum Wichtelwald, um den dort lebenden Wichteln die Einladungen zu überbringen. Hüpf, das flinke Eichhörnchen, sauste durch die Äste einer kleinen Tanne und befestigte die goldenen Schleifen, die ihm das Reh Punktinchen reichte. „Schade, dass wir ihm beim Schmücken nicht helfen können“, sagte Schnuffi, einer der drei kleinen Hasen. „Kommt wir machen eine Räuberleiter, vielleicht können wir wenigstens ein paar Strohsterne an den unteren Ästen befestigen“, schlug Vater Hase vor. Und so kletterten die fünf Hasen aufeinander. Schnuffi war der Oberste und er hielt einen Strohstern zwischen den Pfoten. Stolz hängte er ihn an einen Zweig. Da musste sein Bruder Spitznäschen unter ihm plötzlich niesen. Schnuffi drohte das Gleichgewicht zu verlieren. Fuchs Listig kam herzu geeilt und fing ihn auf. „Glück gehabt“, atmete Schnuffi auf, „aber was niest du auch auf einmal.“ „Du wolltest gestern Nacht unbedingt bei offenem Fenster schlafen“, erinnerte ihn Spitznäschen. „Nur weil Langöhrchen seine Pantoffeln nicht vor die Tür stellen wollte“, verteidigte sich Schnuffi. Und schon war der schönste Streit im Gange.

Und wären die Gespenster Spuki und Gruseli nicht eingetroffen, wäre es wohl ewig so weiter gegangen. „Hallo ihr beiden, ihr seid spät“, sagte die Eule Agathe und wies mit ihrem Flügel auf die große Walduhr. „Es ging nicht früher“, erklärte Gruseli vollkommen außer Atem, „Wushel hat unsere heimliche Flucht immer wieder vereitelt.“ „O ja“, bestätigte Spuki seufzend, „als wir uns zur Hintertür rausschleichen wollten, hat er uns bereits hinterm Koboldhüttchen aufgelauert. Als wir uns aus dem Dachbodenfenster abgeseilt haben, hat er uns vom Küchenfenster aus gesehen und sofort die Verfolgung aufgenommen. Und auch die Fluchtpläne über die Dachrinne und einen überhängenden Ast erwiesen sich als Fehlschlag.“ „Und wie habt ihr es geschafft, ihn doch noch auszutricksen?“, war Paul Kauz aufs Äußerste gespannt. „Es blieb uns nur eine Möglichkeit. Wir haben ihn ein paar Tropfen Rizinusöl in seinen Orangensaft gemischt und abgewartet, bis es endlich seine Wirkung tat“, sagte Gruseli fast tonlos. Er war nicht besonders stolz darauf. „Na gut, manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel“, meinte die Eule Agathe und nickte den Gespenstern freundlich zu, „jetzt kommt und helft Hüpf den Baum schmücken.“ Die Gespenster steckten Strohblumen und Strohsterne auf die Zweige und Hüpf brachte an der Spitze der Tanne eine knallrote Glitzerschleife an. „Fertig“, keuchte er und kletterte vom Baum herunter. „Nun können wir ja mit dem Anbringen der Lichterkette beginnen“, sagte Gundula, „Los Willy, Agathe, Paul und Zwitschi, packt kräftig mit an.“ „Auf die Lichterkette habe ich so überhaupt keine Lust, ich will viel lieber beim Wichteldorf mit bauen“, quengelte Zwitschi. „Das hab’ ich mir gedacht“, schmunzelte die Krähe und zwinkerte ihm zu, „aber das Wichteldorf soll gebaut und nicht gegessen werden, zumindest nicht heute Abend.“ Zwitschi fügte sich in die ihm zugedachte Aufgabe. Die Aussicht, dass Gundula die selbe Lichterkette im Schnabel hatte wie er, war ihm ein Trost und ließ sein kleines Vogelherz lauter schlagen.

Das Wichteldorf wurde von Fuchs Listig und Familie Hase auf einer glatten Steinplatte errichtet. Die Häuser bestanden aus hellem Rührteig. Die Maulwürfe hatten mit Schokolade Fenster und Türen darauf gemalt. Die Regenrinnen waren mit weißem Zuckerguss verziert worden, Waffelröllchen dienten als Schornsteine und die Dächer schmückten Türmchen aus Kokosmakronen. Auf dem Dorfplatz stand ein Brunnen aus Keramik, gefüllt mit grünem Wackelpudding. Den Brunnenrand schmückte ein Kranz aus schwarzen Johannisbeeren. „Jetzt fehlen nur noch die Einwohner“, sagte Wühli, der Maulwurfsvater, der sich mit dem Wichteldorf sehr zufrieden zeigte. „Moment noch, sie Kommen schon“, sagte der Igel Stachelchen, der mit seinen Eltern an den Kekswichteln gebacken hatte. Listig trug das Körbchen im Fuchsmaul. Scharri, die Maulwurfsmutter entnahm ihm einen ganz schwarz gekohlten Wichtel. „Der ist ja verbrannt“, sagte sie, „den sollten wir nicht nehmen.“ „Den müssen wir sogar nehmen“, erklärte Stachelchen, „erkennst du ihn nicht? Das ist Puh, als letztes Jahr sein Hühneraugenbalsam verpufft ist.“ „Jetzt, wo du es sagst, seh’ ich es auch“, lächelte Scharri. „Und wer soll das sein?“, fragte Grabi und hielt einen Kekswichtel in die Höhe, der dalag und sich die Ohren zuhielt. „Na, das ist Wuschel, als ihm klar wurde, dass er wieder einmal Backpulver und Schießpulver verwechselt hatte“, meinte der kleine Igel. „Und das da?“, fragte Schaufelchen und hielt einen Wichtel in der Pfote, der einen Eimer und eine Spitzhacke trug: „Also das, na ja, so jedenfalls stelle ich mir die Wichtel im Wichtelwald vor“, erwiderte Stachelchen. „Du hast wirklich eine blühende Fantasie“, lachte Listig, „ich für meinen Teil glaube, die Wichtel dort sind auch nicht anders als unsere beiden Zauberwaldwichtel.“

„Wir haben es geschafft“, freute sich Maulwurfsmutter Scharri und sah stolz auf das Wichteldorf. „Moment, bei diesem kleinen Wichtelfräulein ist ein Zopf abgebrochen“, sagte Grabi, „ich fürchte, da muss ich mich drum kümmern.“ Blitzschnell brach er auch den anderen Zopf ab und verputzte ihn. „Wichtelfräuleins ohne Zöpfe?“, fragte Gundula und kniff ein Auge zu. „Stimmt auch wieder, aber auch der Sache werde ich mich annehmen“, freute sich Grabi und verputzte das ganze Wichtelfräulein. „Dazu hätte ich mich auch sofort bereit erklärt“, war Zwitschi enttäuscht, weil er zu spät gekommen war. „Das glaub ich dir sofort Blaufederchen“, lachte Gundula und gab dem kleinen Vogel einen freundlichen Stups.

„Habt ihr die Plane dabei, falls es heute noch regnet“, wandte Agathe sich unterdessen an die Hasenfamilie. „Ach herrje, die haben wir vergessen“, sagte Vater Hase, „wolltest du uns nicht daran erinnern, lieber Schnuffi?“ „Wieso denn ich? Spitznäschen wollte daran denken.“ „Ich? Nö, das wüsste ich aber. Langöhrchen hat versprochen an die Plane zu denken.“ „Ich? Das ist das Erste was ich höre“, regte sich Langöhrchen auf. „Ruhe!“, brüllte die Eule, „von eurem Gezanke kommt die Plane auch nicht her. Also hopp, hopp in den Hasenbau ihr Hasenkinder und holt sie noch.“ Die Drei hoppelten los. Vater Hase hinterher. Falls es wieder zum Streit kommen würde, wäre er da um ihn zu schlichten. Schließlich war es schon spät und er wollte nicht bis zum Morgengrauen auf eine dann womöglich zerfetzte Plane warten müssen.

Um Mitternacht waren die Waldbewohner fertig mit den Vorbereitungen. Zwitschi und Willy erreichten müde den Zwergengarten. Pünktchen war mit Punktinchen in den Moosunterschlupf gegangen. „Ist ganz schön kühl geworden“, sagte Zwitschi, „aber Puh hat das Stubenfenster zum Glück noch angeklappt. Ich schlafe heute im Zwergenhaus. Gute Nacht Willy.“ „Gute Nacht Zwitschi.“ Als der kleine Vogel sich durchs Fenster gezwängt hatte, flog er an Puhs Bett vorbei zu seinem Schlafkörbchen. Doch was war das? Puhs Bettdecke schwebte über dem Wichtel. „Hä, was ist denn hier passiert?“, fragte Zwitschi erstaunt. „Ich sag nur ein Wort“, begann Puh. „Nicht nötig, ich kann es schon riechen“, sagte Zwitschi und verzog das Gesicht. „Bohnensuppe“, vollendete der Wichtel seinen Satz. „Wenn du mich suchst, ich bin draußen im Garten und frier’ mir die Federn ab“, meinte der kleine blaue Vogel und verschwand. Draußen angekommen, begann er zu zittern. Wozu hatte man einen verlässlichen Freund wie Willy. Vielleicht konnte Zwitschi ja im Kauzennest nächtigen.

„Was machst denn du hier“, murmelte Willy verschlafen und lugte unter seiner rot-weiß karierten Bettdecke hervor. „Ich sag’ nur ein Wort“, seufzte der Vogel, „Bohnensuppe.“ „Verstehe, da hätte ich an deiner Stelle auch den Rückzug angetreten“, lächelte Willy freundlich und reichte ihm eine Decke. Zwitschi setzte sich in einen Sessel und kuschelte sich darunter. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Zwar schrie jede seiner Federn nach Ruhe, aber Willy schnarchte so fürchterlich, dass Zwitschi nicht schlafen konnte. In seiner Not angelte er nach Willys Staubtuch und warf es nach dem Kauz. Das Küchentuch, der Spülschwamm und zwei Topflappen folgten. Der Kauz lag unter dem Berg von Zwitschis Wurfgeschossen begraben und sägte weiter an einer dicken Tanne. „Verflixt und zugefedert noch mal“, schimpfte Zwitschi und stellte traurige Betrachtungen an, „im Zwergenbauch toben die Bohnen, draußen ist es viel zu kalt und hier drinnen tobt eine gefiederte Säge. Was für eine wundervolle Nacht.“ Gegen Morgen fiel der kleine Vogel in einen leichten Schlaf, der nach wenigen Minuten von Willys Wasserkessel gestört wurde. „Was hab’ ich heute gut geschlafen“, zeigte sich der Kauz gut erholt und froh gelaunt. „Wie schön für dich“, maulte Zwitschi. Doch als Willy ihn zu Schokoladensahnetorte und heißer Schokolade mit ganz viel Schlagsahne einlud, verzieh er ihm die durchschnarchte Nacht.

Gegen Mittag traute sich der kleine Vogel ins Zwergenhaus. Puh hatte ordentlich gelüftet und es duftete nach Milchreis mit Zucker und Zimt. „Hallo Zwitschi“, begrüßte ihn der Wichtel, „wieso bist du gestern Nacht eigentlich ausgerissen?“ „Ich sag’ nur ein einziges Wort - Bohnensuppe.“ Puh nickte. Er wäre ja am liebsten auch vor sich selber davon gelaufen. Aber jedes Mal wenn er es probiert hatte, kam er wieder hinter sich her. „Kann ich ein Schälchen Milchreis haben“, fragte Zwitschi, der interessiert in den Topf gelinst hatte. Puh strich ihm über das hübsche Köpfchen und sagte: „Aber klar doch. Du hattest ja nicht einmal was zum Frühstück.“ Zwitschi musste plötzlich ganz dringend ein verdorrtes Blatt von Puhs Gummibaum abzupfen. Womöglich wäre ihm der Zwerg sonst auf die Schliche gekommen. Sollte Puh doch glauben, dass er noch nichts gefuttert hatte. Als der kleine Vogel an die Torte dachte, lief ihm noch immer das Wasser im Schnabel zusammen. Nach dem Mittagessen legte sich der Wichtel aufs Ohr und Zwitschi verschwand. Er hatte Gundula versprochen, mit ihr gemeinsam die Girlanden aufzuhängen.

Als er auf der Lichtung eintraf, herrschte reges Treiben. Fuchs Listig rührte in einem großen gläsernen Gefäß: „Das ist der Wichteltrank“, verkündete er. Zwitschi näherte sich: „Das riecht ja grässlich.“ „Ich sagte doch, das ist der Wichteltrank“, lächelte Listig. „Was ist denn da drin“, war Zwitschi neugierig. „Orangensaft, Senf, Kerbel, Rosmarin, Petersilie, Tomatensaft, Kräuteressig, Schlagsahne, Kreuzkümmel, Zimt, Nelken, Bananensaft ...“ „Schon gut“, wiegelte der kleine Vogel ab. „Schade, es fehlen doch nur noch vierundzwanzig andere Zutaten“, meinte Listig. „Die bisherige Liste reicht vollkommen um mir endgültig den Appetit zu verderben.“ Die Maulwürfe rührten in einem Fruchtmix. Er bestand aus Ananas, Kiwi, Mango, Melone ... jedenfalls betörte der Duft den kleinen blauen Vogel. Zwitschi wollte sich gerade zu ihnen gesellen, als Gundula ihn an die Girlanden erinnerte. Zwitschi warf noch einen kurzen wehmütigen Blick auf die Früchte, dann folgte er der hübschen Krähe auf den Flügel. Wir sind fertig“, sagten Hüpf und Stachelchen, die das Grillenorchester eingewiesen hatten. „Oje, da kommt ja auch schon Wuschel mit seinen Hausgespenstern“, bemerkte Paul Kauz verblüfft. Spuki und Gruseli hatten dem kleinen Kobold die Augen verbunden und ihn in die Mitte genommen. Ihr seid ein wenig früh dran“, stellte Agathe fest. Doch als sie auf die Walduhr sah, musste sie sich korrigieren. „Oh, wir haben länger gebraucht, als ich dachte.“ Und da näherte sich Puh. Er hatte sich die Augen mit einem Schal verbunden, hielt seinen Zauberstab fest umklammert und saß fröhlich pfeifend auf Pünktchens Rücken. „Hallo, mein Wichtelfreund“, begrüßte ihn Wuschel, nachdem er die Augenbinde abgenommen hatte, „du hast es gut. Sitzt weich und sicher und wirst nicht über Wurzeln und durchs Gestrüpp geschleift.“ „Hör endlich auf dich zu beklagen und sieh dich hier mal um“, Spuki hatte es gehörig satt. Der Weg zur Waldlichtung hatte fast eine Stunde gedauert. Die ganze Zeit über hatte Wuschel geflucht und geschäumt vor Wut. Auch Puh nahm die Augenbinde nun endlich ab. Die beiden Wichtelfreunde staunten nicht schlecht. Hocherfreut sahen sie sich die geschmückte Tanne, das hübsche Wichteldorf und die bunten Girlanden an. „Was riech’ ich denn hier Feines?“, fragte Puh und ging zielstrebig auf Listig zu. „Wichteltrank, gebraut von Meisterhand“, sagte der Fuchs stolz. „Woher hast du das Rezept?“ „Das ist aus Wuschels Kochbuch“, erklärte Gruseli, „ich hab’s ihm gesteckt.“ Listig befüllte zwei Gläser und Wuschel und Puh prosteten sich zu. Guri und Guru kamen jetzt zur Waldlichtung. Sie flogen vor zwölf Wichteln aus dem Wichtelwald her. Darunter waren auch sieben Wichtelfräuleins. Das Grillenorchester spielte zum Tanz auf. „Damenwahl“, rief Zwitschi fröhlich und wurde von Gundula aufgefordert. Er war sichtlich zufrieden damit und strahlte die Krähe glücklich an: „Zu deiner Wahl kann ich dich nur beglückwünschen.“ „Da bin ich nicht so sicher“, lachte diese, nachdem er ihr auf den Fuß gestiegen war.

Unter den sieben Wichtelfräuleins aus dem Wichtelwald war ein besonders hübsches mit dunkelblauen Zöpfen und einer leuchtend grünen Zipfelmütze. Sie hieß Luzie und angelte sich Puh. Luzie war eine eifrige Tänzerin. Und da das Grillenorchester immer eine halbe Stunde spielte, bevor es eine Pause von fünf Minuten einlegte, war Puh nach sieben halbstündigen Tanzrunden völlig geschafft. „Ich würde dir gern meine Tanzpartnerin überlassen“, raunte er Zwitschi in einer der kurzen Pausen zu. „Wenn ich gestern Nacht hätte schlafen können, gern aber dank dir und Willy konnte ich mich gar nicht erholen. Am besten du bittest Willy um Hilfe, der hat ordentlich geratzt, kann ich dir sagen.“ Doch der Kauz wurde bereits von der Eule Agathe auf die Tanzfläche gebeten. Luzie zupfte Puh zärtlich am Bart. Keine Frage, sie hatte noch nicht genug getanzt. Nachdem Puh das dritte Glas vom Wichteltrank geleert hatte, denn er war ganz schön ins Schwitzen gekommen, ging es auch für ihn weiter. Puh war nur froh, dass Paul Kauz zwischendurch auf seiner Querflöte ein paar Lieder zum Besten gab, denn bei Flötenmusik kribbelte es Luzie nicht in den Füßen.

Schnuffi rief nach der zehnten Tanzrunde: „Bereit machen zum Wichtelküssen!“ und hielt einen Zylinder mit sieben Losen zwischen seinen Hasenpfoten. „Und was ist, wenn wir uns nicht bereit machen wollen?“, fragte der Chor der sieben Wichtelmänner. „Dann seid ihr Spielverderber“, riefen die Wichtelfräuleins. Spielverderber wollten sie nicht sein und so zogen fünf der Wichtel ein Los und küssten eines der Fräuleins. Luzie und Kitty waren noch ungeküsst, als Puh ein Los aus dem Zylinder zog. „Luzie“, las er und küsste sie auf die Nasenspitze. Dabei lief er feuerrot an. „Eins ist noch übrig“, sagte Schnuffi. „Du brauchst es nicht erst zu ziehen“, strahlte Kitty, das Wichtelfräulein mit den lustigen Ringelsöckchen, „du kannst mich gleich so küssen!“ Doch Wuschel hatte mit den Ohren gewackelt und war unsichtbar geworden. Er hatte aber nicht bemerkt, dass Kitty ihm beim Tanzen einen goldenen Stern an den Bart geklebt hatte. Und daran sah sie, wo er war. Sie schnappte nach dem Stern und Wuschel wurde augenblicklich sichtbar. Kitty gab ihm einen dicken Schmatz auf die Wange. Wuschel strahlte. Der Kuss war gar nicht so übel gewesen. Kitty gab ihn noch einen auf die andere Wange.

„Schade dass Schnuffi nur zum Wichtelküssen aufgefordert hat“, seufzte Zwitschi. „Braucht es denn unbedingt eine Aufforderung“, fragte Gundula und sah ihm tief in die Augen. Zwitschis Herz klopfte ihm bis zum Hals. Wollte Gundula tatsächlich, dass er sie küsste? Schon lange hatte er davon geträumt, aber jetzt, wo die Gelegenheit gekommen war, traute er sich nicht und blieb wie versteinert sitzen. Die Krähe verstand sein Zögern völlig falsch. Sie dachte, Zwitschi hätte kein Interesse daran, sie zu küssen. Ihre Frage war ihr auf einmal schrecklich peinlich und sie sah verlegen zur Seite. Zwitschi bemerkte es und spürte, dass dieser romantische Moment vorüber war. Wieso hatte er bloß so lange gezögert? Am liebsten hätte er sich in seine rosa Schmuckfeder gebissen. Wer wusste schon, ob sich so eine Gelegenheit jemals wieder ergab.

Als es dunkel wurde, zauberte Puh die Lichterkette an der Tanne an. Die Kerzen warfen einen lila Schimmer auf Luzies Gesicht. Jetzt war sie noch viel hübscher. Sie schenkte Puh ihr schönstes Lächeln und zeigte ihm die hellblauen Glitzersteine auf ihren Schneidezähnen. Als Hüpf beim Schein des Lagerfeuers, das Wuschel angezündet hatte, eine selbst verfasste Wichtelgeschichte vorlas, kuschelte sich Luzie selig lächelnd an Puh. „Das hätte sie gestern bestimmt nicht gemacht“, kicherte Zwitschi. „Wieso denn nicht?“, fragte Paul Kauz interessiert und schnappte nach einem Makronentürmchen. „Ich sag’ nur ein Wort“, gluckste der kleine Vogel amüsiert, „Bohnensuppe.“